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30.07.2011
Uhren öffnen Türen: The Royal Yacht Squadron


Der Yachtclub Royal Yacht Squadron ist verschlossen wie eine Colchester-Auster. Seit fast 200 Jahren pflegt man die Tradition des „Unter-sich-Seins“. Nur sehr selten öffnet sich das gusseiserne Tor von Cowes Castle für Nicht-Mitglieder. Die Uhrenmarke Panerai lud nun im Rahmen der Classic Yacht Challenge zu einem Dinner im Clubraum des Squadron.
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Seit 1855 residiert der vierzig Jahre zuvor in London gegründete Yachtclub in einem ehemaligen Kastell, prominent an der Hafeneinfahrt von Cowes auf der Isle of Wight. In den Mauern, die von Heinrich VIII. als Abwehr gegen Angriffe der Franzosen erbaut wurden, verteidigen heute 330 tapfere „Yachtsmen“ die Werte des Britischen Empires gegen gleichmachende, moderne Einflüsse. Wer in den Kreis des königlichen Yacht-Geschwaders aufgenommen wurde, hat es zumindest gesellschaftlich geschafft. Doch das Aufnahmeprozedere folgt strengen Vorgaben und endet nur allzu oft mit einer freundlichen, aber bestimmten Ablehnung, an der auch Geld und Macht nichts ändern. Dieses elitäre Selbstverständnis des Yachtclubs liegt nicht zu letzt darin begründet, dass er der Stifter des berühmten America’s Cup ist. 1851 lud das Geschwader den New Yorker Yacht Club dazu ein, sich in einem direkten Rennen zu messen. Dieser Einladung folgend, entsandten die New Yorker den Segler America, der auch prompt den Wettstreit für sich entschied. So wurde aus dem 100 Sovereign Cup – der Name ist dem Kaufpreis für den Pokal entlehnt – der America’s Cup.



Im Rahmen der Panerai Classic Yacht Challenge, bei der sich vergangene Woche historische Segelyachten zu einer Regatta auf dem Solent vor der Küste der Isle of Wight trafen, lud der „Admiral“ der Squadron erstmalig Nichtmitglieder – und sogar Damen – zu einem Dinner in den „Members-Room“ ein. Wer am Tor des Clubs um Einlass bittet, muss in den Augen des Wachmanns einige Kriterien erfüllen: Erstens, sollte eine persönliche Einladung vorliegen und zweitens wird auf die Einhaltung der strengen Kleiderordnung geachtet – dunkler Anzug und Schlips. Selbstverständlich sind die Nutzung von Mobiltelefonen und das Fotografieren streng untersagt. Wer diese Hürden erfolgreich genommen hat, begibt sich auf eine Zeitreise rund 150 Jahre in die Vergangenheit.

Das Clubhaus ist im viktorianischen Stil eingerichtet und entspricht exakt der Vorstellung, die man von einem britisch-konservativen Club hat. Pastelltöne an den Wänden und Böden sowie Möbelstücke, die auch aus dem Buckingham Palast entliehen sein könnten. Die vielen – meist großformatigen – Gemälde zeigen Seeschlachten und Porträts honorierter Mitglieder des königlichen Yacht- Geschwaders. Nach einem kurzen Beisammensein fordert der Butler des Clubs durch drei Schläge mit einem silbernen Hammer gefolgt von einem bestimmten „Dinner is served!“ dazu auf, ihm in den „Members Room“ zu folgen. Auf einer festlich gedeckten Tafel stehen prächtige Pokale, die Mitglieder bei Regatten auf der ganzen Welt für den Club gewonnen haben. Es folgt ein Viergänge-Menü, bei dem jeder Gang vom „Head of Servants“ anmoderiert wird. Zwischen Bouillabaisse und Filet vom Kalb beginnt man zu sinnieren, welche Gespräche sich bereits in diesen vier Wänden zugetragen haben. Immerhin zählten gekrönte Häupter – darunter im Übrigen auch Kaiser Wilhelm II mit seiner Yacht Meteor – und bedeutende Persönlichkeiten des Weltgeschehens (sprich Commonwealth) zu den Mitgliedern des erlauchten Geschwaders. Ganz im Empire-Stil bildet ein Glas Port den Abschluss der konservativen Völlerei.

Ursprünglich konnte nur jemand Teil des Geschwaders werden, der Eigner einer Segelyacht ab zehn Tonnen war. Diese Regel wurde nachdem Einzug von Leichtbauweisen im Schiffsbau umgewandelt in die Beschreibung „Gentlemen actively interested in Yachting“. Unverändert tragen die Mitglieder der Royal Yacht Squadron das Privileg, als einzige zivile Yachteigner die Flagge der britischen Kriegsmarine am Heck ihrer Schiffe zu hissen. Doch Geld und Macht allein reichen nicht aus, um Mitglied in dieser „Geschlossenen Gesellschaft“ zu werden. Zwar erfüllte der schottische Teeunternehmer und erfolglose America’s Cup-Herausforderer Sir Thomas Lipton jegliche Anforderungen, doch musste der bürgerliche erst seinen 80. Geburtstag feiern, bis seinem Aufnahmeersuchen stattgegeben wurde. Doch verblieb ihm nur eine sehr kurze Zeit, um am aktiv am Clubleben teilzuhaben – Lipton verstarb bereits zwei Jahre später. In den Siebzigerjahren sorgte die Ablehnung des erfolgreichen Seglers und britischen Premierministers Edward Heath für einiges Aufsehen und brachte den elitären Club wider Willen in die Medien.



Als das Personal damit beginnt, eilig den Tisch abzuräumen – als erstes werden die Salz- und Pfeffermühlen aus Sterlingsilber vor dem diebischen Zugriff der „Guests“ bewahrt – wird klar, dass man nun genug von der Anwesenheit der Nichtmitglieder hat und man es tunlichst zu vermeiden hat, die Gastfreundschaft weiterhin zu strapazieren. Beim Herausgehen fällt ein kleiner, in die Wand eingelassener Einwurf auf: Der sogenannte „Servants Fund“ fordert gehende Mitglieder auf, sich für die geleistete Aufmerksamkeit und Dienstleistung der vielen Helfer erkenntlich zu zeigen. Man erzählt sich die Geschichte, dass einem ehemaligen Mitglied dieser Anstandsschlitz zum Verhängnis geworden sei. Beim Verlassen des Clubs habe besagter Gentlemen lediglich ein paar Münzen springen lassen, anstatt wie üblich einen oder mehrere Scheine zu spendieren. Dieses wurde als respektloser Akt gewertet und führte zum Ausschluss vom Geschwader.

Wenn es nach den Mitgliedern des Clubs ginge, dann bliebe auch die nächsten 200 Jahre alles in „guter Ordnung“, doch die Realität holt die wackeren Geschwader-Segler doch schneller ein, als ihnen lieb ist. Wie dieses spezielle Dinner im Herzen des Clubs zeigt, ist auch diese ehrwürdige Vereinigung nicht vor den Verlockungen der Marketingmaschinerie gefeilt. Allerdings werden die Verantwortlichen auch das Engagement von Panerai im historischen Segelsport wertschätzten und nicht nur dem Ruf des schnöden Mammon gefolgt sein. Hoffentlich!

Text: J. Philip Rathgen
Fotos: JPR / RYS


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