13.11.2011 Audi RS 5: Muscle-Car auf Abschiedsfahrt
Seit Frühjahr 2010 trägt auch die A5-Baureihe das begehrte Rennsport-Abzeichen der Quattro GmbH. Hoch waren die Erwartungen, souverän hat sie der 450 PS starke Audi RS 5 erfüllt. Wir haben uns mit einer herbstlichen Ausfahrt gebührend vom Coupé der ersten Generation verabschiedet und in der Testwagengarage schon einmal Platz für seinen Nachfolger gemacht.
Anzeige
Als der Audi RS2 1994 als exotischer Hochleistungskombi mit Porsche-Technik auf dem Markt kam, vermutete wohl keiner, dass Audi das RS-Abzeichen einmal großzügig in der Modellpalette verteilen würde. Doch kaum ein Audi war so prädestiniert für das Rennsport-Emblem, wie der ohnehin sportlich gezeichnete A5. Als erstes Coupé des Hauses wurde er mit einem Achtzylinder bestückt. Bereits in der S5-Variante mit 350 PS starkem V8-Saugmotor fehlte es dem sportlich ambitionierten Audi-Fahrer kaum an Vortrieb. Doch der starke Auftritt der S-Version war nur ein Vorgeschmack auf das, was im Frühjahr letzten Jahres folgte: Der Audi RS 5 generierte aus dem gleichen 4,2-Liter-V8-Basistriebwerk dank Hochdrehzahlkonzept (max. 8.250/min.) und Direkteinspritzung (FSI) satte 450 PS und katapultierte die A5-Baureihe auf das Leistungsniveau des Audi R8. Während die zweite Generation des S5-Modells nun mit einem turbogeladenen Sechszylinder auf Sparkurs geschickt wurde, setzt man im RS 5 weiterhin auf den bewährten Achtzylinder. Entsprechend gelassen begegneten wir dem Sportcoupé an einem sonnigen Oktobertag, um ihm mit einer Fahrt ans Meer sozusagen die letzte Ehre zu erweisen.
Wer sich einmal in die maßgeschneiderten Sportsitze niedergelassen, den Achtzylinder mit einem Knopfdruck gezündet und das ergonomische Lenkrad in den Händen gehalten hat, möchte nur noch eines: Durchstarten! Nach einem kurzen dumpfen Aufatmen läuft der V8 zunächst sanft im Leerlauf. Vornehme Zurückhaltung übt der 216 Kilogramm leichte Achtzylinder jedoch nur im unteren Drehzahlbereich aus wer ihm die Sporen gibt, kippt buchstäblich Benzin ins Feuer. Aus den großen ovalen Abgasrohren entweichen dann dumpfe Bässe, die am Ende des Drehzahlbereichs zu einem motorsportlichen Inferno verschmelzen. Gangwechsel verkündet das Triebwerk mit einem heiseren Räuspern, beim manuellen Runterschalten heult der Motor mit sattem Zwischengas auf, wie man es sonst nur von der Supersportwagenverwandtschaft aus Italien kennt. Etwas akustischen Einhalt bietet auf Knopfdruck die über das Audi Drive Select geregelte Abgasklappensteuerung.
Auf der Autobahn angekommen, die freie Gerade im Blick, wandert der Finger automatisch Richtung Sporttaste. Der Fahrdynamikassistent stimmt im sogenannten Dynamic-Modus die Kennlinien für Getriebe, Gaspedal und Lenkung sowie für die optionalen Komponenten Sportdifferential und Sportfahrwerk Plus entsprechend ab: Das Ansprechverhalten von Lenkung und Gaspedal wird spürbar direkter, das Fahrwerk bretthart, und das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe S Tronic benötigt nur noch einen Wimpernschlag, ehe die nächste Fahrstufe anliegt. Bei jedem Gangwechsel springt der RS 5 nach vorn, bis zur Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h verzieht er keine Miene dafür sorgt das ordentliche Drehmoment von 430 Nm, das im breiten Drehzahlbereich von 4.000 bis 6.000 Umdrehungen an die Räder verteilt wird. Der Sprint auf 100 km/h dauert derweil nur 4,6 Sekunden. Wer gut motorisierte Dienstwagen auf der Autobahn lieber aus dem Rückspiegel betrachtet, kann bei der Quattro GmbH die Vmax-Sperre lockern lassen, dann schafft das Coupé immerhin 280 km/h.
Wir haben uns im Sportmodus ordentlich ausgepowert, dabei den Durchschnittsverbrauch von 10,8 etwa verdoppelt, und wechseln nun wieder in das Comfort-Programm. Jetzt gleitet der RS 5 elegant dahin, und es bleibt Zeit, die Annehmlichkeiten des Cockpits zu genießen wie etwa das B&O-Soundsystem, das bei einer romantischen Ausfahrt mit Begleitung eine Alternative zum bollernden V8 bietet. Auch die komfortablen Sportsitze und das allgemein hochwertige Audi-Interieur sorgen für angenehmes Wohlfühlambiente.
Nach 140 Kilometern Lastwechseln auf trockenem Asphalt rollt der Audi RS 5 über den schlüpfrigen Nordseestrand von Sankt-Peter-Ording, Nordfreisland. Natürlich bietet das Coupé auch hier dank permanentem Allradantrieb beste Traktion. Die Ingenieure haben dem Mittendifferenzial erstmals ein Kronenraddifferenzial spendiert. Das ermöglicht eine verzögerungsfreie Verteilung der Antriebsmomente und spart obendrein zwei Kilogramm Gewicht. Die Grundverteilung der Antriebskräfte liegt bei 40 Prozent an der Vorder- und 60 Prozent an der Hinterachse, sollte es doch einmal an Traktion mangeln, kann bis zu 70 Prozent der Kraft nach vorne oder 85 Prozent nach hinten geleitet werden. Mit vollem Lenkradeinschlag und beherztem Gasstoß verliert jedoch auch der RS 5 seine Contenance: Untermalt vom grollenden Achtzylinder malt das breitschultrige Sportcoupé nun wie ein wildes Muscle-Car große Donuts in den Sand.
Den Spagat zwischen distinguiertem Sportcoupé und kraftstrotzendem Supercar soll künftig auch der neue Audi RS 5 schaffen. Denn bis auf ein Facelift mit jetzt schärferem Blick und wenige Detailänderungen bleibt ausnahmsweise einmal alles beim Alten. Nicht nur für den wahren RS-Enthusiasten sicherlich ein großzügiges Erbe. Adieu!