Direkt zum Inhalt

Magazin

In fast geheimer Mission: Die letzte Lotus Elise hält Zell am See in Atem

Dreiundvierzig Jahre ist es her, dass James Bond mit seinem ikonischen, mit Ski bepackten Esprit Turbo ein Gastspiel in den Alpen gab. Jetzt spielt ein weiterer Lotus im Schnee – beim diesjährigen F.A.T. Ice Race. Aber vergessen Sie Ihre Skibrille nicht!

Wir wissen alle, dass James Bond manchmal das Steuer eines Aston Martin gegen jenes eines Lotus tauscht. Obwohl der Esprit Turbo aus „For Your Eyes Only“ („In tödlicher Mission“) von 1981 nur einen vergleichsweise kurzen Auftritt bekam, reichte diese Präsenz zur Legendenbildung. Das markante Farbschema in Rot und Gold zusammen mit zwei Paar Ski, die über den Lamellen des Heckfensters montiert waren, genügte, um sofort zum Idol zu werden. 

Zugleich bot dieses Modell aber auch in den letzten Jahren die Inspirationsquelle für weitere Lotus-basierte Hommagen. Eine Sonderedition des Lotus Evora in 2009 sowie ein Lotus Exige als One-off in 2015 nutzten die Farben und den Skiträger, die durch Bonds Auto berühmt wurden.  

Dieser spezielle Lotus ist aber weniger ein Tribut, sondern eher so etwas wie eine abstrakte Cover Band. Stellen Sie sich vor, die Techno-Formation „Kraftwerk“ hätte das Bond-Schema – zu voller Lautstärke aufgedreht - neu interpretiert und das Ganze in einem Kernreaktor aufgeführt. Statt dem spulenden Turbo des Esprit gibt es einen aufheulenden Kompressor, statt der Retro-Lamellen ragt ein Heckspoiler auf, der auch auf einer Boeing 747 nicht deplatziert gewirkt hätte und die 80er Jahre-Lackierung wich nun einem so brillant leuchtenden Orange, dass Betrachter zur schützenden Skibrille greifen sollten.  

Von Egon Zweimüller, Österreichs ureigenem „Q“, aufbereitet, besitzt diese Lotus Elise als One-off einige clevere, von Bond inspirierte Details. Abgesehen von dem unverzichtbaren Skiträger, findet man auch einen sonderangefertigten Zughaken (falls Skijöring auf dem Programm steht), der an James Bonds Abenteuer auf Eis erinnert – von „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ aus dem Jahr 1969 bis zu „Die Welt ist nicht genug“ von 1999. Für die echten 007-Enthusiasten verbirgt sich ein warnender Sticker mit der Aufschrift „Burglar Protected“ an den Seitenfenstern als Erinnerung an den sich selbst zerstörenden weißen Esprit Turbo aus „In tödlicher Mission“.

Die spezifische Farbe dieses Lotus Elise Cup 250 Final Edition trägt die technische Bezeichnung RAL 2005. Es handelt sich fraglos um einen Farbton der von einem Warnhinweis auf Gesundheitsgefährdung begleitet sein sollte, wenn man denn so verrückt ist, diesen Ton bei vollem Sonnenlicht zu betrachten oder zumindest sollte die Ambulanz, die einen nach der temporären Erblindung holt, in dieser Farbe lackiert sein. Diese höllische Lackmixtur ist übrigens eine Verbeugung vor einer anderen britischen Ikone: Team Lotus, das dieselbe Farbkomposition für die Indy-Rennwagen mit den STP-Stallfarben in den 60er Jahren verwendete.

Hier, vor der tiefverschneiten Kulisse der alljährlichen F.A.T. Ice Race in Zell am See wirkt der irisierende Eindruck dieser Farbe umso intensiver. Hätte unser Lieblingsspion die Netzhaut eines Schurken zerstören wollen, während er sich rasch auf der nächsten Skipiste in Sicherheit bringt, er hätte nur dieses Auto gewählt! 

Die Elise Cup 250 Final Edition ist eine von zwei abschließenden Versionen der Elise, ehe Lotus die Produktion des Modells in 2021 beendete. Tatsächlich ist das mit Ski ausgerüstete Exemplar auf diesen Bildern die allerletzte Cup 250 Edition, die vom Band rollte. Deswegen auch das Wort „FINAL“ auf dem Kennzeichen. Sehr, sehr 007.

Die Ziffer „250“ steht für die Pferdestärken, aber es ist die Bezeichnung „Cup“, die dieses Auto erst so richtig interessant macht. Dieses federleichte Track-Special wiegt gerade einmal 931 Kilo und ist mit dem Aero-Paket aus Voll-Karbon, dem man zuerst beim Cup 260 Elise sah, ausgerüstet. Dieser Set-up verhalf dem Cup 260 zu 180 Kilo Downforce bei 243 Stundenkilometern – fast doppelt so viel wie bei einem Porsche 718 Cayman GT4 RS.

Auf Eis und Schnee braucht die zierliche Elise wahrlich einen Überschuss an Downforce. Während die Heckreifen verzweifelt um Grip kämpfen, versucht die Aero Ihr Bestes, um das bisschen Traktion greifbar zu machen. Mit der Mittelmotor-Anordnung und dem kurzen Radstand ist es notorisch schwierig, mit der Elise zu driften. Winter ist definitiv nicht die bevorzugte Jahreszeit dieses Autos.

Aber ehrlich gesagt, wen interessiert das schon? Denn was wir jenseits dieser leuchtfarbenen Radläufe sehen konnten, waren die strahlenden Gesichter, die den Anblick dieses Lotus begleiteten. Daumen nach oben gereckt, aufblendende Scheinwerfer, Hupen und nicht zu vergessen, die Smartphones, die schneller gezückt wurden, als eine schallgedämpfte Pistole aus einem Smoking.

Dieses Erlebnis erinnert daran, dass einen Lotus zu fahren, Spaß machen sollte. Ob es darum geht, um eine Rennstrecke zu jagen, die Kurven eines Alpenpasses auszukosten oder mit orangefarbenen Ski auf dem Dach sich gepflegt auf Eis seitwärts zu bewegen. Ach, Mr. Bond, seien Sie doch nicht so. Wann haben Sie zuletzt einen Aston Martin erlebt, der das auch konnte?

Fotos: Jon Gorman