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Diese Rennwagen der sechziger Jahre haben den großen Gordon Murray inspiriert

Man würde nicht erwarten, dass der hochentwickelte T.33 von Gordon Murray Automotive mit klassischen Rennwagen gemein hat, aber seine Philosophie ist tief in den Sportrennwagen der sechziger Jahre verankert. Professor Gordon Murray hat uns verraten, was damit gemeint ist.

Eines der wichtigsten Events beim 79. Goodwood Members´ Meeting war die Enthüllung des neuen Supersportwagens T.33 von Gordon Murray Automotive. Der T.33 wird von einem Cosworth V12-Saugmotor angetrieben, der bis zu kühnen 11.10 U/min dreht und die absolute Spitze der Hochleistungs-Technologie verkörpert. Vor diesem Hintergrund mag es überraschend sein, dass das neue Supercar ganz stark von den Sport- und Rennwagen der sechziger Jahren beeinflusst worden ist. Um mehr darüber erfahren, haben wir uns mit Professor Gordon Murray beim 79. Goodwood Members´ Meeting zusammengesetzt, um die hier gezeigten Gordon Murray Automotive (GMA) Heritage-Autos zu analysieren und die DNA des T.33 zu ergründen. 

„GMA besitzt sieben Kernprinzipien, die wir streng bei jedem von uns hergestellten Auto anwenden. Die Grundhaltung, das Fahrerleben vor Leistung, Rundenzeiten, 0 – 100 km/h-Beschleunigung und Leistungsdaten angesiedelt ist, prägt unser Engagement. Exzellentes Engineering, Leichtbau und Kunden-Erlebnis sind Merkmale, die sich der T.50 und der T.33 teilen, aber dennoch ist letzterer ein völlig anderes Auto. Als wir den T.33 vorstellten, war ich um eine Antwort verlegen, als jemand fragte: Wie viele Komponenten teilen sich T.33 und T.50? Ich musste erstmal innenhalten und nachdenken. Aber es sind nur vier Teile: Zwei Schalttafeln, der Gangwechsel-Mechanismus, die Gussform für die  Heckleuchten – obwohl sie unterschiedlich sind – und die Handbremse. Für mich ist der T.33 eher alltagstauglich. Die Drehzahlbegrenzung bei 11.100 U/min ist um 1.000 Umdrehungen weniger als beim T.50, aber das eröffnete Cosworth mehr Raum, um zu experimentieren und das Modell fahrtauglicher im Alltag zu machen.“

„Damals in 1967 und 1968, in Südafrika, fuhr ich Bergrennen in Durban und Rennen in Pietermaritzburg auf dem Roy Hesketh Circuit. Die internationalen Rennen fanden hingegen in Kyalami statt, wo es die sogenannte Sunshine Series gab. Wenn Winter in Europa herrschte, kamen alle mit ihren aktuellen Sportrennwagen – Ferrari 250, 275 LM, Porsche 906 und GT40 – und wir erlebten in unserem Sommer die Crème de la Crème. Bevor wir einen Führerschein hatten, fuhren wir zu den Rennen per Anhalter nach Johannesburg, danach fuhren wir selbst zu den Veranstaltungen.“

„Ich bin in dieser Ära groß geworden und deswegen fand ich, dass die Sportrennwagen – und die normalen Sportwagen – zu den schönsten und ausgewogensten Autos gehörten. Als ich den F1 entwickelte, musste ich die Kabine auf dem Radstand ziemlich weit nach vorne rücken, weil er eine zentrale Fahrerposition hatte, damit war die Windschutzscheibe direkt auf der Vorderachse. Er glich einem Raumschiff, aber diese klassischen Proportionen der sechziger Jahre waren eben nicht zu erzielen.“

„Seitdem habe ich mir immer gedacht: Ich wünschte, ich könnte einen Zweisitzer mit zurückgesetztem Greenhouse designen. Damit meine ich nicht Retro-Anklänge, sondern ein Auto, das die Philosophie und Proportionen dieser damaligen Sportrennwagen ausdrückt. Wir haben uns bemüht, Elemente dieser Überlegungen in den T.33 zu integrieren.“

 

O.S.C.A. 1600 GT Zagato von 1963

„Dieses adrette kleine Auto hat eine Reihe sehr schöner Details wie beispielsweise die beiden Hutzen auf dem Dach mit dem Auslass für die Kabinenluft. Ich weiß, dass es im Vergleich zum T.33 ein relativ kantiges, hohes Auto ist, aber das Design ist sehr klar. Ich weiß auch, dass es einen Front- statt einem Heckmotor hat, aber alles in allem ein sehr gelungener Sportwagen, der natürlich den T.33 beeinflusst hat.“

 

Porsche 904 Carrera GTS von 1964

„Tatsächlich bin ich ein Rennen gefahren gegen jemand, der damals einen 904-6 zum Roy Hesketh-Kurs mitgebracht hatte. Der Kofferraumdeckel am Heck des T.33 erinnert sehr an die Lösung beim 904 genauso wie die Positionierung der Rückleuchten.“

 

Abarth OT 2000 „Periscopio“ von 1966

„Es wurde „Periscopio“ getauft wegen des Lufteinlasses auf dem Dach, aber das sorgt nur dafür, dass dem Fahrer kühle Luft zugefächelt wird, es hat nichts mit dem Motor zu tun. Der Dacheinlass auf dem T.33 ist direkt zum Motor aufgebaut und man kann sehen, dass dieses Element weder mit der Heckscheibe noch dem Dach verbunden ist. Der T.33 hat einen mit 65 Grad montierten V12 – ein nahezu perfekt austarierter Motor. Ein 60-Grad-V12 ist tatsächlich perfekt, mit 65-Grad ist man nah dran, aber als Folge gibt es kaum Motorvibrationen. Deswegen ergeben sich so feine Toleranzen rund um den Dacheinlass. Ich liebe die Form dieser Autos, vor allem den frechen, kleinen Entenbürzel am Heck, den wir ebenfalls in den T.33 integrierten.“

 

Lamborghini Miura von 1966

„Nach meiner Ansicht beginnt die Ära der modernen Supersportwagen mit dem Miura. Sehr gute Proportionen, sehr attraktives Auto, ausgerüstet mit einem V12-Saugmotor, vergleichsweise leicht, aber nicht super leicht. Und ziemlich schlecht gefertigt, aber ich denke, es war der Auftakt. Er debütierte als ich noch jung war – ungefähr 20 Jahre alt – und ich erinnere mich noch, wie einflussreich dieses Modell war.“

 

IGM Ford (T.1) von 1967

„Es ist kein Lotus Seven, aber er sieht so aus, weil er die Nase von einem Seven besitzt. Jemand, der sich das Frontformteil beschafft hat, verkaufte das Karosserieset für 15 Pfund – einfacher, als wenn ich selbst fertigen müsste. Ein unglücklicher Umstand, weil jetzt alle meinen, dass es ein Super Seven ist, aber dieses Fahrzeug könnte unterschiedlicher nicht sein. Es ist 80 Kilo leichter und besitzt eine doppelt so hohe Steifigkeit, weil ich geklebte und genietete Aluminiumpaneele benutzte, die der Lotus nicht hat. Außerdem hat es gegenüber dem Seven einen besseren Rohrrahmen. Hier hat alles angefangen. Es gibt viele Arten von Designer – meine Designprinzipien entstanden in den sechziger Jahren und haben sich von diesem Punkt aus entwickelt.“ 

 

De Tomaso Vallelunga von 1968

„Für mich handelt es sich hier um einen schlicht perfekt ausbalancierten Sportwagen. Wenn man beim Miura und Vallelunga das, was wir ein Tal nennen – den Schwung der Kotflügelhüften und die Vertiefung in der Mitte -, betrachtet, dann sieht man, wie stark der T.33 von dieser Form geprägt ist. Tatsächlich gibt es einen Standpunkt, wenn man neben der Fahrertür steht und über die Haube zurückblickt, dass man puren Lamborghini Miura entdeckt.“

Fotos: Tom Shaxson für Classic Driver © 2022