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Morton Street Partners inszenierten die perfekte Zeitreise zurück nach 1971

Wir reden oft von den glanzvollen Zeiten, als Benzin billig, Outfits cool und die Autos unglaublich toll waren. Das Team von Morton Street Partners wollte aber mehr als Nostalgie: Sie unternahmen einen Roadtrip mit einem Citroën SM, um dem Lebensgefühl der frühen 70er real nachzuspüren.

Abenteuer gibt es in allen Formen und Größen. Manche wählen den Aufstieg auf höchste Gipfel, andere suchen das Unbekannte in dunkelsten Höhlen und manchmal handelt es sich dabei einfach um interessante Menschen, die coole Dinge unternehmen. Das Abenteuer des in Manhattan basierten Trios Tom Hale, Max Cohen und Shayan Bokaie von den Morton Street Partners bestand aus Hosen mit Schlag, köstlichem Foie Gras, einer Bordkarte der Concorde und einem prachtvoll konfiguriertem Citroën SM von 1971.

Die Idee war denkbar einfach: Statt wie immer den Online-Eintrag „Einen zweiten wie diesen werden Sie nicht finden“ zu posten, dazu die üblichen Dreiviertelfrontalfotos und lyrischen Beschreibungen des unberührten Werkzeugsatzes, sprengten Morton Street Partners die Grenzen der Konvention – nicht nur ein bisschen, sondern mit einem Salto rückwärts, hinein in eine Zeit, als der SM ein Must-have war. Dieses immer stilbewusste Team, dessen Zentrale sich in einer Remise aus dem 19. Jahrhundert in New Yorks West Village befindet, verbindet mit Erfolg die beiden Welten der zeitgenössischen Kunst und der Sammlerautos und bietet Kunden echte Marktexpertise und komplette Transparenz bei Fahrzeugen, die sowohl klassisch wie sammelnswert sind. 

Im Jahr 1971 wäre dieses Exemplar in Bleu Platine über Cognac vom Band in Citroëns berühmter Fabrik Quai de Javel im Herzen von Paris gerollt, ehe es sich auf den Weg zu einem bereits sehnsüchtig wartenden Kunden machte, der dieses Auto dann in vollen Zügen genossen und sich über die Resonanz, die es erzeugte, gefreut hätte. Genau das war die Idee, die den Roadtrip des Teams inspirierte: Die Vorstellung, dass jemand dieses Auto in 1971 neu kauft und - ganz selbstverständlich für die damalige Zeit – einen 1.000-Meilen-Trip von den hektischen Straßen New Yorks nach Amelia Island in Florida unternimmt.

Weil Kontext ein Kernanliegen von MSP war, verbrachten sie gut einen Monat damit, nach dem 70s-Look für den modischen Herrn und den dazu passenden Accessoires zu fahnden. Aber auch die verschiedenen Haltepunkte der Reise sollten period correct sein. Eine Ära sollte zu neuem Leben erweckt werden, in denen das Team noch nicht das Licht der Welt erblickt hatten, geschweige denn, dass ihre Väter etwas von ihrer späteren Rolle ahnten. Die Bühne war bereitet, die Schlaghosen aufgebügelt und der SM brummte zufrieden vor sich hin, als sie zu ihrem dreitägigen Trip aufbrachen. Der erste Stopp auf diesem Abenteuer war nur einen Katzensprung von MSPs großartigen Räumen in der West Village entfernt und selbst eine Ikone der 70er: Der legendäre Club Studio 54. 

Stoßstange an Stoßstange durch die Mittagsglut zu schleichen, ist für die meisten Autos, die vor den neunziger Jahren gebaut wurden, bereits der Härtetest, aber das Team vertraute dem SM und schaffte es durch den Garment District auf die 54. Straße. An dieser Stelle sollten wir darauf hinweisen, dass kein fabrikneuer Ford Bronco oder anderer SUV mit SM-Ersatzteilen mit von der Partie war, um bloß keinen optischen Missklang in die auf Originalität konzipierten Fotos von Shayan zu bringen. Die Bilder sollten einfach drei junge, durchgestylte Männer zeigen, die ihren neuen SM ausführen. Ein Auto, das übrigens in 1971 tatsächlich eine unkonventionelle Kaufentscheidung für einen Amerikaner dargestellt hätte, allerdings eine, die an jeder Tankstelle für neugieriges Staunen und viele Fragen gesorgt hätte.

Mit seinem kühnen Design verbunden mit dynamischen Anspruch und einem Hauch des irgendwie Geheimnisvollen, spielte der Citroën SM als Kombination aus französischer Fabrikation angereichert mit italienischer Leistung dank Maserati in seiner eigenen Liga. Der italienische Chefentwickler Giulio Alfieri erhielt die Aufgabe, den Motor des SM zu konstruieren und schuf dafür eine komplett neue Einheit, wobei er die Werkzeuge des Indy V8 nutzte. Das Triebwerk sollte kompakt und leicht sein, denn es musste zu Citroëns traditionellem Frontantrieb passen. Weil aber  das Getriebe deswegen vor der Achsenlinie platziert werden musste, entstand letztlich so ein Mittelmotorwagen. Alfieri hatte ein Zeitfenster von sechs Monaten, um den V6-Prototyp zu entwickeln, schaffte es aber in nur drei Wochen, einen Motor mit rund 170 PS Leistung auf die Straße zu stellen  – mehr als genug für diesen wolkenhaft schwebenden Cruiser.

Unsere drei Freunde fuhren nach der Stadtgrenze von New York stets in Richtung Süden und steuerten eine weitere, doch viel berüchtigtere Destination der 1970er an, Washingtons Watergate Hotel. Ähnlich wie der SM war die 1965 fertiggestellte Architektur von Luigi Moretti mit ihren kurvenreichen Formen und dem ausladenden  Grundriss nicht nach jedermanns Geschmack, doch das Hotel galt als stylische Wahl unter Gästen und wurde bald zum Spielplatz der Reichen und später Inbegriff des größten politischen Skandals unter Präsident Nixon.

Während sie weiter Kurs auf Florida hielten, erzählte Max von seiner ersten Erfahrung mit einem klassischen französischen Auto: „Der SM ist ein Meisterwerk an Hyper-Engineering-Luxus, die Gangwechsel des manuellen Fünfganggetriebes sind butterweich, aber die Art, wie man fortbewegt wird, ist seine Paradedisziplin. Während die Meilen sich abspulten, erlebten wir eine beeindruckend mühelose Geschwindigkeit auf der Highway. Mir wurde klar, dass wir diesem Auto absolut vertrauen konnten. Es erobert einen Platz im Herzen, nicht allein wegen des Designs, sondern auch durch das Fahrerlebnis und wie es sich anfühlt.“

Ein Stopp zum Lunch bot die perfekte Gelegenheit, sich dem Lebensgefühl der 1970er hinzugeben. Irgendwo fernab der Highway in Georgia fanden die drei ein paar Pisten, um eine wohlverdiente Pause und reichlich Fahrspaß zu genießen. Leere Straßen, ein röhrender Maserati-V6 und eine seidenweiche Aufhängung sind feine Zutaten für eine gehörige Portion Lebensfreude, sozusagen ein lukullischer Foie Gras-Moment, der das MSP-Trio noch tiefer in ihren nacherlebten 1970er-Roadtrip zog. Keine Smartphones, keine digitalen Kameras, keine Bluetooth-Lautsprecher, stattdessen nur einige CB-Radios, zerschlissene Straßenkarten und ganz viele Kassettenbänder – der technische Stand der Dinge in 1971. 

Als die dreitägige Tour sich ihrem Ende näherte, rollten die drei zu einem weiteren, wie für diese Reise zurück maßgeschneiderten Ziel: Der Hangar Amelia-Event. Von Kopf bis Fuß in den feinsten Outfits der siebziger Jahre gekleidet, während die gelben Scheinwerfer des SM die riesige Zuschauerzahl ausleuchteten, wurden Menschen und Auto bei der Ankunft bejubelt. Die Morton Street Partners waren zwar glücklich, ihre 1.000 Meilen entlang der US-Ostküste erfolgreich und ohne Zwischenfall absolviert zu haben, aber auch wehmütig, weil die Tour nun zu Ende war. Ihr vielbeschäftigtes, modernes Instagram-angefülltes Leben war das direkte Gegenteil dieser fiktionalen Siebziger-Lebensform, der sie im Lauf der Tour immer mehr abgewonnen hatten. 

Der SM hatte sich als der ultimative Langstreckenbegleiter erwiesen, der auch noch ein 153 Stundenkilometer schnelles Home Office ermöglichte. Obwohl der Roadtrip abgeschlossen war, hatte MSP den Beweis mehr als erbracht, welchen Wert dieses auf typisch französische Art elegante Auto verkörperte. Sie hatten ein Ziel gehabt, endlich die Vorurteile, die viele gegenüber dem SM hegen, in der Praxis zu widerlegen. Spötter, die den SM als wenig zuverlässige Kombination von italienischer Leistung mit französischer Fertigung verachten, sollten eines Besseren belehrt werden. Für Tom, Max und Shayan entstand bei der Tour ein Schatz an unvergesslichen Momenten, ganz zu schweigen von einer neuen Garderobe, die ihnen die Kostümierung bescherte. 

Wir lassen noch einmal Tom zu Wort kommen, denn wir haben den Eindruck gewonnen, dass aus dem ursprünglichen Trio am Ende des Roadtrips ein Quartett gereift war: „Der SM ist der King. Er macht einfach alles auf überzeugende Weise, so, dass man eigentlich nie wieder aussteigen will.“ Morton Street Partners haben eine neue Benchmark für Revival Roadtrips gesetzt, sich dem Gedanken im Jahr 2023 zu leben spielerisch widersetzt und stattdessen die lebhaften und sehr stylischen 70er sehr real wieder aufleben lassen – wenn auch nur für ein verlängertes Wochenende. Dieser 1.000-Meilen-Citroën steht nun startbereit für sein nächstes Abenteuer. Über die Schlaghosen und Hemden mit den überbreiten Kragen ließe sich verhandeln!

Fotos von Shayan Bokaie