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La Carrera Panamericana 2011: Wilder Ritt

La Carrera Panamericana 2011: Wilder Ritt

Ende Oktober startete wild und ungestüm die 24. Neuauflage der legendären Carrera Panamericana. Sieben Tage, 3.000 staubige Kilometer quer durch Mexiko, davon 600 Kilometer richtig hart am Limit – Classic Driver berichtet von der wohl härtesten Rallye im historischen Motorsportkalender.

110 sportliche Oldtimer in allen möglichen Zuständen technischer Aufrüstung gehen Ende Oktober in Mexiko an den Start. Vom originalen Porsche 911 mit Zweiliter-Maschine und 180 PS, bis zum 5,4-Liter-V8 mit weit über 500 Pferdestärken. Das Reglement macht‘s möglich, und ein jeder nutzt entsprechend seiner Klasse die Freiräume. Die richtigen Heizgeräte sind also Studebaker, Oldsmobile 88 oder Buick Century. Wir sehen aber auch VW Käfer und Mini Cooper, Jaguar XK oder Mercedes 280. Es ist ein buntgemischtes Teilnehmerfeld aus aller Herren Länder.

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Start und technische Abnahme finden diesmal im subtropisch aufgeheizten Badeörtchen Huatulco an der mexikanischen Pazifikküste statt. Und wer jetzt noch etwas am Wagen zu tun hat, gerät ganz mächtig ins Schwitzen. Da sind die schönsten Palmen nur ein schwacher Trost. Als am 21. Oktober der Startschuss fällt, ist jeder froh, dass es endlich losgeht. 400 Kilometer trennen uns vom hochgelegenen und trockenen Oaxaca, dem ersten Etappenziel. Es ist eine verhältnismäßig kurze Etappe, aber darin verstecken sich zehn Bestzeitprüfungen mit insgesamt 136 Kilometern. Ein wirklich harter Brocken.

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Wie in jedem Jahr rauschen etliche Wagen gleich an diesem ersten Tag ins Unterholz. „Mann, wir waren einfach zu schnell“, sagt der noch völlig entgeisterte Fahrer einer Corvette, während seine Gattin gerade dabei ist, die wichtigsten Utensilien aus dem Wrack zu bergen. Die Niederländer waren in einer Rechtskurve auf den Schotter neben dem Asphalt geraten, die Karre war ausgebrochen und hatte sich sofort überschlagen. Dank kräftigem Überrollbügel mit Kreuzverstrebung im Dachbereich entstiegen die beiden dem Wagen zum Glück ohne nennenswerte Kratzer.

La Carrera Panamericana 2011: Wilder Ritt
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Fernsehkoch Tim Mälzer, der mit Kumpel Frank Meyer in einem schönen Ford Mustang unterwegs ist, staunt über das brachiale Vorgehen der Konkurrenz. „Wir checken das jetzt erstmal so ab und greifen dann später an“, grinst Mälzer. „Lass doch die andern sich um Kopf und Kragen fahren.“

Im Ziel in Oaxaca fehlen rund zwanzig Autos. Wir haben sie am Straßenrand gesehen und im Gebüsch. Beileibe sind es nicht alles Unfälle, viele Teams kämpfen einfach mit technischen Problemen. Und vieles wird über Nacht von fleißigen Mechanikern gerichtet. Denn das Schöne an der Carrera ist ja unter anderem, dass man nach einem Ausfall jederzeit wieder einsteigen kann.

La Carrera Panamericana 2011: Wilder Ritt
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Über Tehuacan mit seiner unglaublichen Fiesta zur Mittagszeit zieht der Tross über Puebla nach Queretaro. Die Etappenlängen liegen meist zwischen 300 und 500 Kilometern, und selbst wenn nicht gerade ein Speedtest auf dem Programm steht, wird flott gefahren. Wenn man seine Servicezeit ausnutzen möchte, muss man auf jeder Verbindungsetappe (Transito) schnell sein. Man brettert also mit 160 km/h über die Landstraße um wenigstens in Ruhe austreten und tanken zu können.

Am Nachmittag des vierten Tages, auf der Etappe von Queretaro nach Morelia, folgt dann eine ganz besondere Prüfung: Es ist die berühmte und gleichermaßen berüchtigte Sonderprüfung der „Tausend Hügel“ (Mil Cumbres). Ein paradiesisches Kurvengeschlängel von rund 30 Kilometern Länge, das den Fahrern Jahr für Jahr die Freudentränen in die Augen treibt.

La Carrera Panamericana 2011: Wilder Ritt
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Vorn, an der Spitze des Feldes, dort wo die mit Nascar-Technik aufgerüsteten Boliden den Ton angeben, gibt es derweil einen spannenden Schlagabtausch der Generationen. Der mexikanische Rallye-Profi Ricardo Trivinio kämpft gegen das Rundstreckenass Michel Jourdain (beide auf Studebaker) und das Carrera-Urgestein Doug Mockett (Oldsmobile 88). Doch als Jourdain in einer Sonderprüfung zwischen Guanajuato und Aguascalientes unfreiwillig Kontakt zu einer Felswand aufnimmt, bleiben nur noch Mockett und Trivino als Kandidaten für den Gesamtsieg.

Im Ziel, dem alten Silberminenstädtchen Zacatecas, hat schließlich der Mexikaner Trivino die Nase vorn. Der von Mats Hammarlund perfekt vorbereitete Studebaker liegt allerdings nur fünf Sekunden vor seinem Verfolger im Oldsmobile 88. Und das nach 49 Sonderprüfungen. So knapp war es noch nie.

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Und die Deutschen? Jochen Mass und Co-Pilot Manuel Pabst im Ford Mustang erkämpften sich trotz einiger Probleme (abgebrochene Kipphebel und ruinierte Stoßdämpfer) den 11. Platz. Stefan Rehkopf und Peter Scheufen landeten mit ihrem Ford Falcon dank schneller aber sicherer Fahrweise auf Rang 18. Hut ab! Für Daniela Wagner und Sylvia Lindner, das einzige reine Damenteam der Carrera, blieb nach Vergaserbrand leider nur der 43. Platz. Tim Mälzer und Frank Meyer wurden ganz souverän 54ste. Weitere Ergebnisse sowie Informationen zur Strecke und Regelwerk finden Sie auf lacarrerapanamericana.com.mx.

Klassische Rennwagen finden sich im Classic Driver Marktplatz.

Text & Fotos: Andreas Beyer

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