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Maserati GranTurismo S

Kleines „S“, große Wirkung! Für die Sportversion des Maserati GranTurismo kehrt die Marke aus Modena zur Bissigkeit früherer Tage zurück: Mehr Leistung, mehr Sound, ein straff gespanntes Fahrwerk und die sagenhafte Schnellfeuer-Schaltung „MC Shift“ haben das große Reisecoupé scharf gemacht. Ob der massig-muskulöse Leithund nur laut bellen, oder tatsächlich auch zubeißen kann haben wir bei einer ersten Testfahrt durch die norditalienische Emilia-Romagna geklärt.

Eigentlich hat die Fiat-Tochter Maserati in den vergangenen Jahren bereits einen anderen Weg eingeschlagen: weg von der Leistungsschau, hin zu Komfort, Stil und Eleganz. Die Entwicklungsarbeit im Grenzbereich wurde der Konzernschwester Ferrari überlassen. Im Frühjahr 2003 hatte die Neuausrichtung in Richtung Luxusklasse mit dem Maserati Quattroporte begonnen. Bei der Premiere des gewaltigen Maserati GranTurismo auf dem Genfer Salon 2007 wurde der Kurs bestätigt – und zwar mit unmittelbarem Erfolg: 7.350 Automobile hat Maserati im vergangenen Jahr weltweit verkauft, in diesem Jahr könnten es mit Glück sogar 9.000 Exemplare werden. Angesichts der Absatzzahlen von Großkonzernen wie BMW oder Mercedes-Benz klingt das nach Peanuts, doch für die einst chronisch erfolglose Sportwagenmarke ist der Zuwachs ein Grund zum Feiern. Warum also nun dieser Schritt zurück, zur rauhen und urtümlichen Sportlichkeit?

Maserati GranTurismo S Maserati GranTurismo S

Auf dem Vorplatz des Werksgeländes im Zentrum von Modena erwacht unser Testwagen – ein brandneuer Maserati GranTurismo S in trügerisch-weißer Unschuldslackierung – mit heiserem Tom-Waits-Bellen. Klingt wie ein verkaterter Ferrari nach durchgemachter Nacht, denkt man erfreut und beginnt zu ahnen, wohin die Reise geht: Nachdem die erste GT-Version mit ihrem 405 PS starken 4,2 Liter V8-Motor und der gewichtigen Komfort-Ausstattung in der Presse als vergleichsweise sanft, zahm und über-zivilisiert beschrieben worden war, startet Maserati mit dem GTS den Gegenbeweis: „Wir können auch anders!“ Erster Ansatzpunkt des Auswilderungsprogramms: Der Motor. Mit 4,7 Litern, 440 PS bei 7.000/min. und 490 Nm bei 4.750/min. grenzt sich das Achtzylinder-Triebwerk deutlich vom Basismodul ab. Der Standard-Sprint dauert nur noch 4,9 statt 5,2 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 295 statt 285 km/h – nicht nur in Autoquartett-Dimensionen ein erheblicher Unterschied. Entsprechend verschiebt sich auch das Konkurrenzfeld nach oben: Als direkte Rivalen des Sport-GTs nennt Maserati den BMW M6, den Porsche 911 und den Aston Martin V8 Vantage.

Ermöglicht wird das Performance-Plus durch eine ganze Reihe grundlegender technischer Modifikationen. Für die Kraftübertragung steht ein – für optimale Gewichtsverteilung nach Transaxle-Prinzip angeordnetes – elektronisch gesteuertes Sechsgang-Getriebe Gewehr bei Fuß, das mit seiner Zwei-Scheiben-Kupplung für Reaktionsschnelligkeit und ein leichteres Erreichen der Höchstdrehzahl sorgt. Schalten lässt sich sowohl manuell als auch automatisch. Beim Dirigieren des fast fünf Meter langen Coupés durch schmale Straßen Modenas in Richtung Autostrada empfiehlt sich zunächst der Automatik-Modus. Das Steuersystem erkennt hier zwar anhand verschiedener Parameter die aktuelle Fahrweise und passt den Schaltrhythmus entsprechend an, wechselt für ein möglichst komfortables Fahrgefühl jedoch relativ früh die Gänge nach oben. Hat man sich zwischen den obligatorischen Motorrollern und Fiat-500-Geschwadern hindurch auf die linke Spur gefädelt, kann man ohne schlechtes Gewissen den „Sport“-Betrieb aktivieren.

Maserati GranTurismo S Maserati GranTurismo S

Nach dem Drücken der entsprechende Taste auf der Mittelkonsole meldet sich der Achtzylinder akustisch zum Einsatz: Mit einem nervösen Brüllen öffnen sich die pneumatischen Auspuffventile der modifizierten Sportauspuffanlage, die dem Triebwerk erst seine Höchstleistung erlaubt. Die Schaltung wird zwar weiterhin automatisch von der Getriebesteuerung betätigt, doch werden die Gänge erst bei einer höheren Motordrehzahl nach oben gewechselt. Das Herunterschalten wird dagegen durch einen markigen Doppelgas-Soundeffekt begleitet. Der richtige Spaß beginnt allerdings erst, wenn man vom automatischen in den manuellen Sport-Modus wechselt. Geschaltet wird über die großen, fest an der Lenksäule angesetzte Grifftasten – einen zusätzlichen Schaltknauf gibt es nicht. Sobald man das Gaspedal beherzt genug tritt und der Farbskala-Drehzahlmesser die 5.500 Umdrehungen überschreitet, wird zudem das Schnellschalt-System „MC Shift“ aktiviert, das in ähnlicher Form auch im neuen Ferrari F430 Scuderia zum Einsatz kommt. Durch Überlappung der Schaltphasen wird die Zeit beim Hochschalten auf gerade einmal 100 Millisekunden verkürzt. Für einen ernsthaften Leistungstest der Rennsport-Schaltung fehlt auf der Autostrada jedoch vor allem eines: die Kurven.

Auf den gewundenen Landstraßen zwischen Parma und Cremona dann die Gelegenheit: Der Motor greift hart und dröhnt in vollem Vibrato, die Gänge knallen wie Peitschenschläge und man wird wohlig in die neuen Sportsitze gepresst, während sich die lange Fronthaube mit motorbootartigem Vorwärtsdrang entlang der Fahrbahnmarkierung in die Serpentinenkurven legt. GT-Qualitäten hin oder her – ab einer gewissen Drehzahl ist der Maserati GranTurismo S ein reinrassiger Sportwagen, dem selbst seine 1,9 Tonnen Kampfgewicht nicht mehr allzu viel zu schaffen machen. Die nahezu ausgeglichene Gewichtsverteilung spielt bei der satten und unerschütterlichen Fahrdynamik ebenso eine Rolle wie die Fahrwerks-Architektur, die für die „S“-Version umfassend gestrafft wurde. Unser Testwagen ist serienmäßig mit festen Stossdämpfern bestückt, die Schlingerbewegungen verringern und gerade bei Kurvenfahrten für schnellere und präzisere Reaktionen und einen spürbaren Agilitätsgewinn gegsorgen. Auf Wunsch lässt sich der GTS aber auch mit der bekannten, komfortableren Skyhook-Aufhängungen mit elektronischem Management-System ordern.

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An Biss haben auch die Bremsen gewonnen. Während es beim ersten GranTurismo-Modell bisweilen an der Rückmeldung fehlte, gibt es hinsichtlich der Verzögerung der neuen und leichten Hochleistungsbremsanlage nach Dual-Cast-Bauweise keinen Grund mehr für Kritik: Wie Maserati betont, steht das „S“ im Modellnamen eben nicht nur für „Sport“, sondern auch für „Stop!“. Der Bremstest gibt Gelegenheit zu einer kurzen Atempause und zudem die Möglichkeit, den Maserati GranTurismo noch einmal von außen zu betrachten. Auf der ersten Blick wirken die optischen Unterschiede zwischen GT und GTS eher marginal: Ein mattschwarzer Kühlergrill, ebenfalls schwarze Scheinwerferblenden, ausgeprägtere Seitenschweller, eine dezente Spoilerlippe am Heck und exklusive Sieben-Speichen-Felgen im 20“-Format unterstreichen die sportlichen Linien der Pininfarina-Karosserie ohne dramatische Gesten. Auch im Innenraum wurde darauf geachtet, die Eleganz der Modellreihe nicht durch allzu große Kraftmeierei zu brechen. Mit Poltrona-Frau-Leder und Alcantara in zahlreichen Farbkombinationen sowie einer vielfältigen Optionsliste bietet Maserati auch für das neue Modell den gewohnt anspruchvollen Stilmix aus klassischem Luxus und stilvoller Sportlichkeit.

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Warum also sollte man mindestens 127.330 Euro in den neuen Maserati GranTurismo S investieren, wenn man für rund 15.000 Euro weniger bereits das ähnlich eindrucksvolle Basismodell bekommt? Die Antwort ist einfach: Der GTS ist keine klassische Sportversion mit dickeren Backen und ein paar Zusatz-PS, sondern schon fast ein eigenständiges Automobil mit äußerst eigenwilligem, aggressivem Charakter. Zwanzig Prozent der GT-Modellreihe soll in Zukunft mit dem „S“-Label am Heck ausgeliefert werden, kein allzu großer Anteil. Wenn man mit dem GTS jedoch auch die leistungsorientierten Kunden von Mercedes-AMG, BMW M, Porsche und Aston Martin auf die italienische Seite ziehen kann, hat sich die Entwicklung bereits gelohnt. Und was der GTS nicht an Überzeugungsarbeit leisten kann, wird die Cabrio-Version des 2+2-Sitzers erledigen, deren Entwicklung Maserati mittlerweise bestätigt hat.

Text: Jan Baedeker
Fotos: Jan Baedeker / Maserati

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