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Grandeur und Dekadenz: Voisin Aérodyne wird in Paris versteigert

Am 14. Februar 2010 versteigert das französische Auktionshaus Artcurial in Paris einen äußerst seltenen Voisin Aérodyne von 1936. Der avantgardistische Luxuswagen war zu seiner Zeit exklusiver als ein Bugatti – nur sieben Exemplare wurden von Dandy-Ingenieur Gabriel Voisin gebaut.

Der Name „Aérodyne“ war eine Verneigung vor den Pionieren des aeronautischen Zeitalters und der Luftfahrtindustrie. Gabriel Voisin, der Schöpfer des wunderbaren Voisin Aérodyne, hatte seine Karriere selbst als Flugzeugbauer begonnen. Zusammen mit seinem Bruder hatte er im Jahr 1907 die Firma Voisin Frères gegründet, die schon in kurzer Zeit zu einer der wichtigsten Flugzeugmarken in Frankreich heranwuchs. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs stieg der Bedarf an Kampfflugzeugen noch einmal sprunghaft an und die Geschäfte liefen bestens. Doch der Erfolg brachte Gabriel Voisin nicht die erhoffte Befriedigung, und so beschloss er 1918, mit 38 Jahren, keine weiteren Flugzeuge zu produzieren und seine Firma aufzulösen. Kurz darauf schloss sich Voisin mit den Citroën-Ingenieuren Dufresne und Artault zusammen, um fortan Automobile herzustellen. Bereits 1919 erschien das erste Modell, der Voisin M1.

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Im Laufe der kommenden zehn Jahre – einem Jahrzehnt der Erfolge, Tragödien und Frustrationen – erreichte der innovative Ingenieur (und liederliche Dandy) Voisin den Höhepunkt seines Erfolgs. Er verkehrte mit Künstlern und Politikern, war befreundet mit Lichtgestalten wie dem Architekten Le Corbusier. Doch 1929 wurde die Firma von der weltweiten Finanzkrise schwer getroffen und fand sich bereits 1931 im Besitz der belgischen Firma Imperia wieder. Doch Voisin gab nicht klein bei und stürzte sich in den Rechtsstreit. Mit Erfolg. Im Jahr 1933 war er wieder der Herr über seine Firma. Doch die Stückzahlen blieben überschaubar. Hatte Voisin im Jahr 1928 noch rund 1.200 Automobile produziert, waren es fünf Jahre später kaum noch 150 Stück. Die Marke schien auch kreativ den Tiefpunkt erreicht zu haben, doch dann entstand – gleich einem Phönix aus der Asche – der Aérodyne. Das Konzept war so dramatisch und innovativ, dass es das gesamte Vermögen der Firma zurück zu holen versprach.

Der Prototyp mit der Bezeichnung C25 glänzte mit einem Drei-Liter-Sechszylindermotor von Knight und einem Schiebedach, das sich ins Cockpit einziehen ließ. Der neue Voisin verfügte zudem über eine vom Fahrer justierbare Radaufhängung und eine Zweigangschaltung von Cotal-Voisin mit elektrischem Schongang. Kurzum: Der Voisin Aérodyne hatte alles, was sich die obersten Käuferschichten in Frankreich wünschen konnten. Und doch kam er zu spät und viel zu teuer auf den Markt. Stolze 88.000 Francs musste man für den Luxuswagen auf den Tisch blättern. Zum Vergleich: Ein Bugatti Type 57 Galibier war bereits für 70.000 Francs zu haben. So überrascht es kaum, das insgesamt nur sieben Exemplare des Aérodyne gefertigt wurden und bereits 1936 mit dem Aérosport ein Nachfolger kam, der nicht weniger dem Space-Age-Design verpflichtet war (und Gabriel Voisin leider auch nicht mehr retten konnte). Sieht man einmal ab vom ausbleibenden wirtschaftlichen Erfolg, so muss man doch anerkennen, dass dem Voisin Aérodyne allein schon für seine zeitlose Eleganz ein Platz in den Ruhmeshallen des Automobildesigns zusteht. Von seiner Bedeutung als zeit- und automobilgeschichtliches Artefakt ganz zu schweigen.

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Am 14. Februar 2010 wird einer der verbliebenen Voisin Aérodyne im Palais de Congrès in Paris versteigert. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an François Melcion (Telefon: +33 (0)1 42991631, Email: [email protected]) vom Auktionshaus Artcurial.

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Text: Christophe Wilmart
Fotos: Bernard Canonne



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