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Magazin

Ferrari 550 Maranello

Die Geschichte vom Pferd

Text: Sven Jürisch
Fotos: RM Auctions

Mit dem Ferrari 550 Maranello beendeten die Italiener 1996 die Ära der Heckmotorzwölfzylinder. Der 550 trug sein Herz vorn und eignet sich heute, dank zahlreicher historischer Designanleihen, perfekt zum Einstieg in das rote Sammelhobby.

Sich mal etwas gönnen, was Besonderes, was nicht jeder hat, ohne dass das Investment dabei ungenutzt in der Garage verstauben muss. Wer diesen Wunsch verspürt, mag mit dem einen oder anderen High-Class-Youngtimer liebäugeln, dürfte aber nur in den wenigsten Fällen auf unseren Beau der Woche kommen: den Ferrari 550 Maranello. 1996 debütierte das von Pininfarina gezeichnete zweisitzige Coupé und bot als Testarossa-Nachfolger neben klassischen Ferrari-Tugenden vor allem ein hohes Maß an Exklusivität. Bis zu seiner Produktionseinstellung im Jahr 2001 wurden lediglich 3.600 Exemplare gebaut, die meisten davon in Rot.

Unser Fotomodell hingegen trägt diese Farbe nur in der luxuriös mit Leder ausgeschlagenen Kabine. Die Außenfarbe eignet sich derweil deutlich besser, um die Designzitate der Markenhistorie nachzuvollziehen. Auf 4,55 Meter kommen nahezu alle Berlinetta-Modelle zu ihrem Recht. Neben der Lufthutze des 52er Le Mans 250 S sorgen die Entlüftungsschlitze des 275 GTB an den vorderen Kotflügeln bei Ferraristi ebenso für leuchtende Augen, wie auch der dem 250 GT Lusso nicht unähnliche Aufwärtsschwung an der Kofferraumkante. Unter der Heckklappe darf das passgenaue Gepäck des Modenser Edelherstellers Schedoni mit zwei historisch anmutenden Lederriemen gesichert werden.

Fahrleistung und Driveline auf höchstem Niveau

Dass der feste Halt für das Gepäck nicht bloß eine Showeinlage darstellt, wird spätestens nach dem Start des 5,5-Liter-V12 deutlich. Denn auch wenn der mittels einer Bosch-Anlage zu gutem Benehmen erzogene Motor vorgibt, ein ganz betulicher Cruiser zu sein, entlockt ihm doch der erste Tritt auf das Gaspedal sein angriffslustiges Wesen. Auf Schlag stehen 485 PS bereit, den 550 Maranello binnen 4,4 Sekunden auf 100 km/h zu katapultieren. Weiter geht es bis zur Spitze von 320 km/h in ähnlich beeindruckender Art und Weise, wobei der V12 sorgsam mit den Nerven der Passagiere umgeht. Denn anders als vielleicht von einem Ferrari erwartet ist der 550 Maranello in erster Linie ein komfortabler und luxuriöser Reisewagen, mit dem sich dank des 114 Liter großen Tanks auch große Distanzen problemlos bewältigen lassen.

Zu diesem laid back feeling passt auch das für damalige Zeiten revolutionäre, weil vom Innenraum verstellbare Fahrwerk. Zusammen mit der geschwindigkeitsabhängigen Servolenkung und der Traktionskontrolle wird der Ferrari so seiner Rolle als großes Luxuscoupés mehr als gerecht.

Investment mit Augenmaß

Dass der Ausflug in die Welt der roten Renner nicht unbedingt den Verkauf entscheidender Elemente der Altersvorsorge voraussetzt, wird beim Blick auf den Occasionsmarkt deutlich. Zahlreiche 550 Maranello aus allen Produktionsjahrgängen buhlen um die Gunst der Käufer. Die meisten haben, wie auch unser Fotowagen, einen geringen fünfstelligen Kilometerstand sowie eine perfekte Servicehistorie auf der Habenseite. Und trotz dieser eigentlich guten Voraussetzungen gilt es, das Objekt der Begierde nachhaltig auf Herz und Nieren zu prüfen. So ist der Wechsel des Zahnriemens bei vielen der angebotenen Fahrzeuge überfällig. Die Arbeit ist immens aufwändig und zieht dementsprechende Kosten nach sich. Da das Gummi des lebenswichtigen Antriebsriemens der vier Nockenwellen unabhängig von der Laufleistung altert, nutzt es auch nichts, wenn der Wechsel vor zehn Jahren bereits einmal erfolgte.

Das Gleiche gilt für die Bereifung, die unter langen Standzeiten des trotz Ferankarosserie und Stahlgitterrohrahmens immerhin 1.690 Kilogramm schweren Coupés leiden. Älter als drei Jahre sollten die überbreiten 18-Zoll-Pneus angesichts der hohen Fahrleistungen sowieso nicht sein. Alterungsempfindlich geben sich auch die Beläge der aus dem Rennsport entliehenen 4-Kolben-Brembobremsanlage. Sie neigen zum Verglasen und erbringen dann nur noch einen Bruchteil ihrer Bremsleistung. Daneben gilt auch für diesen Ferrari das hohe Lied der Originalität. Tieferlegungsfedern sind ebenso ein Malus, wie nicht originale Felgen oder wirre Radio- und Lautsprecherumbauten.

Wer dauerhaft den Wert der derzeit zwischen 50.000 und 70.000 Euro teuren Fahrzeuge konservieren will, nimmt Abstand von derlei Angeboten. Empfehlenswert sind dagegen die Händleroccasionen. Für einen vergleichsweise geringen Aufpreis bekommt der Youngtimer-Ferraristi neben Selbstverständlichkeiten wie Gewährleistung und TÜV-Gutachten meist auch einen kompetenten Ansprechpartner, der nicht selten über gute Kontakte zur Szene verfügt. Und wer je an einer Ausfahrt mit den unterschiedlichsten Ferrari-Modellen teilgenommen hat, wird von dem Virus infiziert und befindet sich mit dem 550 Maranello in bester Gesellschaft. Denn auch Altmeister Michael Schumacher konnte sich dem Reiz dieses Modells nicht entziehen. Allerdings bekam er sein Exemplar vom Hersteller geschenkt.

Der hier gezeigte Ferrari 550 Maranello kommt bei der RM-Auktion „Automobiles of London“ am 26. Oktober 2011 zum Aufruf. Klicken Sie hier zum Lot. Weitere Ferrari 550 Maranello finden sich im Classic Driver Marktplatz.

Technische Daten

Motor:
5,5 Liter 12-Zylinder mit Vierventiltechnik

Leistung:
485 PS bei 7.000/min

Drehmoment:
569 Nm bei 5.000/min

Höchstgeschwindigkeit:
320 km/h

Beschleunigung:
0 auf 100 km/h in 4.5 Sekunden

Besonderheiten:
Aluminium-Karosserie mit Stahlrohrahmen, Tansaxle-Bauweise (Getriebe an der Hinterachse), Hochleistungsbremsanlage, elektronisch justierbares Fahrwerk, Antriebsschlupfregelung (abschaltbar).

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