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Jaguar Mk VII: Schnell statt schwerelos

Jaguar Mk VII: Schnell statt schwerelos

Wer an klassische Jaguar denkt, meint häufig die grazilen XK-Modelle, die eher filigrane Sportlimousine Mk II, den C-, D- oder späteren E-Type. Die sogenannten „Big-Jags“ fristen eher ein Schattendasein. Dabei sind die großen Repräsentations-Limousinen aus den 1950er und 1960er Jahren allerbeste Markenbotschafter – wie zum Beispiel der frühe Jaguar Mk VII.

Rund 1,7 Tonnen Lebendgewicht sind für ein Automobil, welches zwischen 1951 und 1954 gebaut wurde, eine echte Ansage. Der Jaguar MK VII bringt satt über 1,7 Tonnen auf die Waage. Leer wohlgemerkt. Und das sieht man ihm auch an. Viel Blech formt diese Karosse. In opulentem Barock zeigt sich die große viertürige Repräsentations-Limousine, die vier Personen sehr kommoden Platz bietet. Umgeben von feinem Wurzelholz, mit Stoff bespanntem Innenhimmel, sitzt man auf gut ausgeformten ledernen Sesseln und kann dem Chauffeur mit gedämmter Stimmlage die Ziele vorgeben. Sodann hebt sich der Bug und der Mark Seven schwebt davon. In Sachen Automobil eher Unbedarfte mögen die erhabene flüsterleise Erscheinung auch für einen Bentley oder Rolls-Royce halten.

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Szenenwechsel. Der Jaguar Mk VII kann auch anders. Ganz anders: richtig schnell und wild, wie wir bei der Mille Miglia selbst erleben. Dank des wunderbaren XK-Motors, einem Reihensechszylinder mit 3,4-Liter Hubraum und rund 160 PS Leistung, war der große Jaguar sogar eine der schnellsten Limousinen seiner Zeit: 165 km/h waren locker drin. Was ambitionierte Fahrer prompt veranlasste, nicht nur auf lange Reisen, sondern mit dem „Big-Jag“ auch auf die Rennstrecke zu gehen. Sogar die Mille Miglia und die Rallye Monte Carlo fuhren die Limousinen mit – sehr erfolgreich. Das waren sie auch bei klassischen Rundkurs- und Flugplatzrennen. Heute beispielsweise noch beim Goodwood-Revival Meeting zu bewundern. Wenn sich ein massiger Jaguar Mark VII mit lautem Reifenwimmern in die Kurve wirft, um heroisch die Grenzen der Fahrphysik zu erkunden, ist das einfach nur spektakulär. Tief taucht das kurvenäußere Rad in den Kotflügel ein. Die Karosse neigt sich bedenklich. Bremsen mit Servounterstützung haben notfalls alles im Griff. Doch der Mark VII zieht auch stoisch seine Bahn. So als wollte er sagen: „Noli tangere circulos meos!“

Jaguar Mk VII: Schnell statt schwerelos Jaguar Mk VII: Schnell statt schwerelos

Erstmals vorgestellt wurde der Jaguar Mark VII im Herbst 1950 als Nachfolger des Jaguar Mark V. Einen Jaguar Mark VI gab es tatsächlich nicht. Das Chassis wurde noch vom Vorgänger übernommen, doch die Karosserie zeigte schon Ponton-Züge. Sie kam erstmals ohne freistehende Kotflügel aus. Gleichwohl war die geschwungene Seitenlinie sehr auffällig – ein stilbildendes Design-Merkmal von Jaguar. Überhaupt weist der Wagen viele typisch klassische Jaguar Elemente auf. Die Dach- und insbesondere Fensterlinie mit dem rundem Abschluss etwa. Die lange Motorhaube und das abfallende Heck – wohl proportioniert. Die Radhäuser wurden noch verkleidet. Der Seven gilt auch aufgrund seiner Entscheidung als einer der Wegbegründer der „Big-Jags“, der großen Katzen, die später im Mark X und Jaguar 420 und 420 G gipfelten.

Jaguar Mk VII: Schnell statt schwerelos

Mit dem Motor aus dem Jaguar XK 120, der von zwei SU-Vergasern versorgt wurde, war der große Jaguar bereits auskömmlich motorisiert. Doch Jaguar legte mit dem Mk II M noch einmal nach. Den Wagen gab es ab 1954 bis 1957. Ein Leistungsplus von 30 PS auf nunmehr 190 PS schraubte die Höchstgeschwindigkeit auf 170 km/h. Äußerlich unterschied sich das M-Modell von seinem Vorgänger durch Nebelscheinwerfer auf der vorderen Stoßstange, in die Kotflügel eingelassene Blinkleuchten und etwas größere Rückleuchten. Dort, wo zuvor die Nebellampen platziert gewesen waren, fanden sich nun hinter runden Ziergitter die Signalhörner. Das Auto profitierte insgesamt von einer strafferen Federung und einem stärkeren Drehstabilisator. Einen Overdrive oder ein Automatikgetriebe gab es optional. Ansonsten war unverändert die Viergang-Handschaltung üblich. Schon der Vorgänger erfreute sich mit beinahe 21.000 Exemplaren großer Beliebtheit. Das M-Modell wurde immerhin rund 10.000 mal verkauft.

Jaguar Mk VII: Schnell statt schwerelos Jaguar Mk VII: Schnell statt schwerelos

Optisch sehr ähnlich zeigen sich die Ahnen Mk VIII (von 1957 bis 1959) und Mk IX (von 1958 bis 1961). Jaguar indes investierte enorm in die Modellentwicklung. Durchgehende Frontscheibe, Picknicktische im Fond, feinerer Chromzierrat, nochmals aufgewertete Lederausstattung, optionale Zweifarblackierung und immer weiter verbesserte Technik ließen den großen Jag zusehends an Statur gewinnen. Alleine die barocke Erscheinung blieb. Der Mk IX, optisch immer noch dem Mk VII sehr nahe, war sogar der erste Jaguar mit Servolenkung. Der Wagen wies zudem Scheibenbremsen auf und verfügte nun über einen 220 PS starken Motor, was ihn beinahe 190 km/h schnell machte. Insofern sind diese Fahrzeuge aus heutiger Sicht ein besonderer Tipp. Denn obwohl sie schwer und massig erscheinen, sind sie dennoch auch sehr sportlich zu bewegen. In jeder ernsthaften Jaguar-Sammlung sollte daher ein Vertreter dieser Big-Jags seinen Stammplatz haben.

Jaguar Mk VII: Schnell statt schwerelos
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Jaguar-Klassiker finden Sie im Classic Driver Marktplatz.

Text: Mathias Paulokat
Fotos: Jaguar