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Magazin

Ford GT Works Prototype Roadster

Rasante Fordentwicklung

Text: Mathias Paulokat
Fotos: RM

Sind Sie offen für einen Ford? Wer jetzt zweifelt oder zögert, hat seine Chance schon vertan. Denn der Ford GT Prototype Roadster ist ein absolutes Ausnahmefahrzeug und in Sammlerkreisen so begehrt, dass man dafür fraglos Haus und Grund versetzen kann. Bei der nächsten RM Auktion kommt Chassis GT/111 aus dem Jahr 1965 unter den Hammer. Classic Driver porträtiert das Targa-GT Unikat mit bulligem V8-Motor: offen und herrlich!

Sind Sie offen für Altes? Selbstredend, sonst hätten Sie wohl kaum diesen Klassiker-Beitrag gewählt. Der Ford GT Prototype Roadster ist eine besonders rare automobile Ikone, welche nur wenigen Liebhabern geläufig ist. Kein Wunder, denn üblicherweise stehlen bei erstklassigen Motorsportveranstaltungen bereits originale Ford GT40 Coupé-Varianten, gebaut von 1964 bis 1968, den meisten anwesenden Klassikern die Schau. Bis heute ist dieses über 300 km/h schnelle Fahrzeug Sinnbild des reinrassigen Supersportwagens.

Kein Wunder, dass die Taxen für den raren Targa GT, ein originaler Werks Prototyp, zwischen 2,4 und 2,5 Millionen Euro rangieren. Die kommende RM Auktion am 21. Mai 2011 wird im Rahmen der Villa d´Este Tage über den derzeitigen Sammlerwert Auskunft geben. Fest steht schon jetzt: mit Chassis-Nummer GT/111 erwirbt der Käufer eine absolute Ausnahmeerscheinung und eine Dauereintrittskarte zu allen begehrenswerten Klassik-Events.

Offen für Neues

Anfang der 1960er Jahre arbeitete Ford stark an dem eigenem Marken-Image. Die Marke schien nicht nur den Machern zu angestaubt. Jugendlichkeit war gefragt. Ein Einsatz beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans sollte hier als probate Mittelchen eine wirksame Verjüngungskur liefern. Es fehlte jedoch am passenden Fahrzeug. Mit den üblichen Ford Familienschaukeln war dieses ambitionierte Projekt kaum zu heben. Zudem fehlte die Erfahrung auf diesem Gebiet. Nur das Geld dafür war im Überfluß vorhanden. Ausreichend immerhin, um eine Kaufofferte für Ferrari einzureichen, die aber dankend abgelehnt wurde. So entschied Ford junior, nach europäischem Vorbild einen eigenen Rennwagen auf die Räder zu stellen. Sicher, man hätte auch weiter mit Carroll Shelby kooperieren können, doch dessen gefestigter Ruhm zog aus strategischer Sicht zuviel „Fame“ von der Marke Ford ab. So war das Rennen um Anerkennung und Gunst bei jungen Kunden nicht zu gewinnen.

Ein eigenes Rennauto also sollte die Wende bringen. Ein Auto, stark genug, um reihenweise Siege einzufahren. Ford gewann das rennerprobte Unternehmen Lola als Partner. Diese Firma nutzte bereits Ford-Motoren in eigenen Rennfahrzeugen. Schnell wurde ein neues Unternehmen gegründet: die Ford Advanced Vehicle Operation, kurz FAV. Eric Broadley gab dem neuen Prototyp seine Form, Len Bailey zeichnete für das Chassis Design verantwortlich, während John Wyrer das Projekt koordinierte. Zur Versteifung wurden Bauteile aus Aluminium gegen Stahlkomponenten getauscht, um dem Output des Motors standzuhalten. Denn es kam ein ausreichend potenter V8 mit Trockensumpfschmierung zum Einsatz. Ein Aggregat, welches ganz ähnlich auch schon im Ford Fairlane überzeugende Dienste leistete. Das Aggregat wurde über die verschiedenen Serien des GT-Wagens modifiziert. Der Hubraum stieg von anfänglich 4,2 Liter, über 4,7 Liter auf rund 7,0 Liter beim Mark II. Dies war dann bereits ein neuer Motor, der Ford in Le Mans zum durchschlagenden Sieg verhelfen sollte.

Der erste Einsatz im Jahr 1964 entpuppte sich jedoch als mittelschweres Desaster. Die Technik war noch nicht ausgereift, das Design mußte den hohen Geschwindigkeiten, wie sie bei Langstreckenrennen üblich waren, angepaßt werden. Statt dem Colotti-Getriebe kam nun eine mechanische Fünfgang-Schaltzentrale von ZF unter die Glasfaser-Karosse. Zudem wurde nun doch noch Carroll Shelby zur Hilfe gerufen. Der Feuerwehreinsatz zahlte sich 1965 umgehend beim Rennen in Daytona aus: Sieg und ein dritter Gesamtrang standen zu Buche. Beflügelt von dem Erfolg machte sich Ford an die Entwicklung weiterer Typen. Hierbei entstanden auch die besagten Roadster-Prototypen und Chassis-Nummer GT/111.

Renn-Roadster

Chassis-Nummer GT/111 entstand im Jahre 1965 als echter Werksprototyp. Es handelt sich um eines von insgesamt fünf Fahrzeugen, welche die Ford Advance Vehicle Operation konstruierte. Laut RM Auktion sollen nur noch vier Fahrzeuge existent sein. GT/111 stellt ein besonders Unikat dar. Lackiert in Linden Green wirkt der offene GT mittlerweile beeindruckend britisch. Sir John Whitmore und Bob Bondurant pilotierten das ursprünglich weiße Fahrzeug in zeitgenössischen Rennen, namentlich in Le Mans und bei der Targa Florio. Nach einem Unfall wurde die Karosse auf Geheiß von FAV vom Chassis getrennt. Doch statt vernichtet zu werden, schlummerte diese in Einzelteilen rund 40 Jahre lang auf einem Autofriedhof vor sich hin. 2006 wurde schließlich das originale Chassis wieder entdeckt und dessen Authentizität durch anerkannte Experten bestätigt.

Hierauf folgte eine auf Details versessene Restauration von GT/111, mit dem Ergebnis, dass der Ford beim Goodwood Revival 2007 seine Auferstehung erlebte. – Wenn Sie in unserem Goodwood Bericht genau schauen, entdecken Sie die Nase von GT/111 hinter dem blonden Nummerngirl der Reihe acht. Auch beim Le Mans Revival im Jahr 2008 kam der besondere GT 40 zum Einsatz – hierfür wurde der Targa allerdings wieder in Weiß umlackiert. Ein kurzes Farbspiel.

Heute besticht der linksgelenkte GT 40 durch seinen beeindruckenden Trim und hohe Authentizität in allen Details. Das Fahrzeug steht auf Speichenfelgen mit Zentralverschluß. In seinem Habitus erinnert der Wagen mit Mittelmotor an zeitgenössische Ferrari Prototypen oder auch an den Jaguar XJ13, der jedoch nie echte Renneinsätze erlebte. Wer regelmäßig die Fahrzeugberichte unserer Klassikerrubrik liest, wird sich auch an den zuletzt publizierten Lightweight E-Type erinnern, der die grandiosen Serienmodelle nochmals krönte. Ganz ähnlich ist es auch mit dem GT 40 Prototype Roadster. Er ist das Juwel der Baureihe.

Fordsetzung

Und was war mit den von Ford ersehnten Rennerfolgen? Sie stellten sich alsbald ein. Mehr noch: die Ford GT 40 setzten ab 1966 ungeahnte Maßstäbe auf den Rennstrecken. Acht Fahrzeuge starteten alleine beim 24 Stunden Rennen von Le Mans. Das Rennen war brutal. Nur 15 der insgesamt 55 gestarteten Fahrzeuge erreichten das Ziel, darunter drei Ford GT 40. Und zwar hinter einander auf den Plätzen eins, zwei und drei. Was für ein Ford Foto-Finish!

Obwohl das erklärte Ziel damit mehr als erreicht wurde, experimentierte Ford noch bis 1968 am GT 40 Projekt. Insbesondere der Bug wurde erneut modifiziert. Bis heute sind die Bugnasen bestes Erkennungsmerkmal der unterschiedlichen Serien des GT 40. Der Mark IV war dann eine rein US-amerikanische Entwicklung und erschien 1967. Das Fahrzeug lief auch bei Le Mans – erfolgreich mit einem erneuten Sieg. Auch in den Jahren 1968 und 1969 gewannen Ford GT 40 das prestigeträchtige Rennen und schrieben sich damit endgültig in die Annalen des Motorsports ein. Laut herrschenden Quellen entstanden insgesamt 124 Serienfahrzeuge, wovon 12 Fahrzeuge als Prototypen gekennzeichnet wurden. Ford selbst gibt die Anzahl der produzierten Serienfahrzeuge mit 94 Wagen an. Das heutzutage ungleich mehr Supersportwagen im GT 40 Look unterwegs sind, liegt an zahlreichen Recreations verschiedener Firmen, die sich dem Supersportwagen mit eigenen Interpretationen näherten. Die 40 in der Bezeichnung des GT übrigens hat eine ganz simple Bedeutung. Sie steht für die Fahrzeughöhe: 40 Inches. Keept it simple, drive Ford! Schön, wer das von sich hinter dem Steuer von GT/111 behaupten kann.

Der Ford GT Works Prototype Roadster kommt am 21. Mai 2011 bei der RM-Auktion im Rahmen des Concorso d'Eleganza Villa d'Este zum Aufruf.

Fotogalerie

Ford GT Works Prototype Roadster Ford GT Works Prototype Roadster
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