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Land Rover: 50 Jahre Offroad-Testparcours Eastnor Castle

Land Rover: 50 Jahre Offroad-Testparcours Eastnor Castle

Auf dem über 200 Hektar großen Landsitz Eastnor Castle in den Hügeln von Malvern werden seit 1961 alle Land Rover- und Range Rover-Modelle einem gnadenlosen Geländetest unterzogen. Classic-Driver-Autor Steve Wakefield hat das berühmt-berüchtigte Offroad-Terrain am Steuer neuer und klassischer Landies im Selbstversuch erkundet.

Zunächst möchte ich festhalten, dass ich kein einziges Mal stecken geblieben bin. Eigentlich war das Malheur des Tages nur ein kleines Missverständnis zwischen mir und der Handbremse im gelben 86er Series 1 Versuchsfahrzeug. Land Rover, die britische Marke fürs gehobene Grobe, hatte Journalisten zu einem ausgiebigen Testtag eingeladen (wobei der Event „Land Rover Experience at Eastnor“ von jedermann gebucht werden kann), die sich in bester Tradition beeilten, eines der aktuellen oder besonderen historischen Modelle zu sichern – allesamt standen sie aufgereiht im Innenhof des Schlosses.

Ehrlich gesagt: Ich bin bis jetzt kaum abseits befestigter Straßen unterwegs gewesen. Mein ganz persönliches Tagesziel bestand also darin, intensive Rutsch- und Schlamm-Erfahrungen zu sammeln, ohne mich dabei im Unterholz zu verlieren. Die Würdigung der kompletten Land-Rover-Modellpalette hebe ich mir für einen späteren Beitrag auf, jetzt wollte ich zunächst das jüngste Modell testen und wählte folglich den fünftürigen Range Rover Evoque „Prestige“ für meine erste Begegnung mit dem Schmutz.

Land Rover: 50 Jahre Offroad-Testparcours Eastnor Castle
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Armes, kleines Ding: Da stand es als glänzend lackierte und mit makellosem Leder ausgekleidete Miniatur des vornehmsten Geländewagens der Welt, ultramodernes Design und genügend Extras für die verwöhnte Klientel. Und nach kaum zweihundert Metern balancierten wir schon auf zwei Rädern und absolvierten mühelos den Slalom aus Furchen und Böschungen. Das alles nota bene mit serienmäßigen Felgen und Reifen. Ein großes Kompliment auch an den Entwickler, der die Geländehilfen Hill Descent Control und Terrain Response erfunden hat (und vermutlich in Eastnor testen ließ).

Dank der unschätzbaren Anleitung eines Land-Rover-Werksfahrers war es ein Leichtes, den richtigen Modus aus dem Geländemenü des Terrain Response System auszuwählen: Bergab ging es ohne die Pedale zu berühren, während Land Rovers oft kopiertes Hill Descent Control die Führung übernahm, bis wir wieder festen, ebenen Boden unter den Reifen spürten. Nachdem ich das Waldgebiet als klügerer und zutiefst beeindruckter Fahrer in einem mittlerweile sehr verdreckten Auto verlassen hatte, machte ich mit dem Evoque noch eine kleine Rundfahrt von knapp dreißig Kilometern. Der kleine Range konnte wirklich überzeugen, sowohl on wie off the road. Und war für mich der perfekte Start in den Tag.

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Als Kontrastprogramm wählte ich als nächstes den Spartaner im Aufgebot, einen gelben, offenen Series I „Trialer“. Nicht nur, dass er ohne üppige Optionen auskommt: Er verfügt nicht einmal über permanenten Allradantrieb. Man muss erst anhalten, um die niedrige Übersetzung einzulegen. Aber im kleinen Geländeparcours durch den Wald war der Asket dann in seinem Element. Natürlich wurde er von mir mit äußerster Behutsamkeit bewegt. Und von eher heftigen Zurufen zwischen Fahrer und Navigator („Wohin“? „Welcher verflixte Baum“? „Auf welcher Seite der Nummer denn nun“?) begleitet, meisterten wir ohne größere Vorkommnisse die zehn Aufgaben des Kurses.

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So zog sich der Tag dahin. Raus aus den einen Klassiker, rein in den nächsten, wie etwa den erstaunlichen Land Rover 129 in „Wüstenpink“, der für die Erdöl-Erkundung im Mittleren Osten entworfen wurde, oder der überraschend kultivierte viertürige Land Rover 100 „Hybrid“, der in Eastnor dem British-Leyland-Vorstand vorgeführt wurde, damit dieser eine neue Modellreihe mit Spiralfederaufhängung absegnen sollte. Dann waren da noch der nahezu perfekte „Classic“ Range Rover, Baujahr 1971, sowie die aktuelle Modellpalette für 2012.

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Weder dem Range Rover Sport noch dem Range Rover Autobiography habe ich den Schmutz und die extrem ausgewaschenen Spurrillen des Eastnor-Testgeländes zugemutet. Ich weiß, dass die das packen. Doch ich war glücklich, die mühelose Leistung und die erhabene Sitzposition auf einer normalen Fahrstraße zu genießen. Mit dem Freelander 2 bin ich allerdings wieder in den Wald gefahren, wo sich das Baby der Familie bestens bewährte. Wenn ich einen Favoriten wählen müsste, dann den Discovery 4. Diese Generation bietet einen überragenden Siebensitzer mit einer großzügigen Reihe von Verbesserungen wie dem Drehwähler für die Gangschaltung, Schaltwippen am Lenkrad, Hill Start Assist, dem Neigungsassistent Gradient Acceleration Control, einer Achtgang-Automatik sowie einem 3,0 Liter V6-Turbodiesel mit 211 PS.

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Offroad – und diesmal haben wir uns die wirklich anspruchsvollen Geländeabschnitte von Eastnor vorgeknöpft – ist die Leistung des Discovery 4 verblüffend. Wie beim Evoque wählt man aus dem Menü des Terrain-Response-Systems die richtige Einstellung und das Fahrzeug kümmert sich um den Rest. Mit seinen Doppel-Differentialsperren, größerer Bodenfreiheit und dem kräftigeren Motor ist dies ein beeindruckend ausgereifter Geländewagen. Er durchquert ungerührt geflutete Passagen, klettert auf Grate und rollt steile, schlammige Hänge hinab mit seinem hoch entwickelten Hill Descent Control (erhältlich auch für den Rückwärtsgang). Er befördert aber genauso standesgemäß die Familie auf einen Ausflug in die Dordogne, zum Jagen nach Schottland oder zieht den Pferdehänger. Eine tolle Kombination aus Luxuslimousine und konkurrenzloser Geländegängigkeit. Für einen Preis ab 46.000 Euro dürfte der Discovery erste Wahl sein, egal, welches Abenteuer, egal, welches Wetter. Die Preisgestalter der wesentlich teureren Range Rover und Range Rover Sport kommen hier doch etwas in Erklärungsnot – so gut ist der Discovery.

Ein toller Tag in der Wildnis rund um Eastnor Castle ging langsam zu Ende. Leider blieb keine Zeit, den auslaufenden Defender zu fahren. Ein anderes Mal. Hoffentlich bald.

Text: Steve Wakefield (aus dem Englischen von Alexandra Felts)
Fotos: Peter Robain für Land Rover