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Wir zeigen's Ihnen: 1960er Jaguar MK IX

Eine interessante Lehrstunde für kauffreudige Oldtimerenthusiasten bieten Matthias Schnell-Heisch und sein hellgrauer Jaguar MK IX, Baujahr 1960. Die Limousine ersteigerte der Eschborner am Heimcomputer bei eBay.com in den USA. Abgesehen von einigen Bildern und einer verheißungsvollen Beschreibung konnte sich der Classic Driver nur auf seine Erfahrungen und sein Gespür für diese Fahrzeuge verlassen.

Schon als Jugendlicher interessierte sich Schnell-Heisch für die Automobilwelt. Damals besuchte er gemeinsam mit seinem Bruder zahlreiche Oldtimerveranstaltungen und lernte Marken und Modelle kennen. Als er das erste Mal auf eine Jaguarlimousine aus der Nachkriegszeit - einen weißen Jaguar MK VII - traf, war er sofort von der Eleganz des Autos beeindruckt. Viele Jahre später spielte er zunächst mit dem Gedanken, ein Exemplar des nach eigenen Worten „schönsten Automobils aller Zeiten“, einen Jaguar E-Type (Roadster), zu kaufen. Da der Oldtimer jedoch als Wertanlage dienen und seine Unterhaltskosten durch Hochzeitsfahrten selbst finanzieren sollte, entschied sich Schnell-Heisch für den Kauf einer viertürigen Limousine.

Bei der Suche nach einem interessanten, aber auch bezahlbaren Fahrzeug der Nachkriegszeit stieß er neben Jaguar MK IV, V, VII, VIII und IX auch auf verschiedene Mercedes-Modelle aus den 50er Jahren wie 220 S und 300 S Adenauer sowie die Rolls-Royce Silver Cloud 1 oder 2. In Hinblick auf Alltagstauglichkeit, Design, Seltenheitswert, Wertbeständigkeit und Verfügbarkeit entpuppten sich die Jaguar-Modelle MK VII-IX als Favoriten. Letztendlich entschied sich der Enthusiast für den MK IX – „Vor allem wegen der coolen Picknicktische“, so Schnell-Heisch.

Monatelange Studien bei der Internet-Suchseite Google sowie zahlreiche Besichtigungen brachten einen guten Überblick über Zustand und Preise dieser Fahrzeuge. Ein Schnäppchen hatte Schnell-Heisch bis dato jedoch nicht gesichtet. Hinzu kam, dass die MKs der 50er Jahre in Deutschland eher selten zu finden waren. Die linksgelenkten Limousinen wurden vor allem in den USA angeboten. Bei eBay.com fand der Jaguar-Liebhaber schließlich das passende Angebot und ließ sich von einigen Bildern und einer detaillierten Beschreibung des Zustandes, der mit „excellent“ bewertet wurde, überzeugen.

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Der bekannte Oldtimer-Händler Kruse International bot diesen „duo-tone cornish grey over mist grey“ lackierten, im wesentlichen originalen Jaguar MK IX zu günstigen Konditionen an. Einige Mängel wurden detailliert - so schien es zumindest - aufgelistet: Kühlwasseranzeige, Heizung, Kilometerzähler, beide Uhren defekt, hintere Radabdeckungen nur mit Primer behandelt, etc. Natürlich gab es auch eine Positivliste mit allen Dingen, die seit 1997 erneuert worden waren sowie einer kurzen Beschreibung der Geschichte des Fahrzeugs.

Matthias Schnell-Heisch fühlte sich gut informiert, vertraute auf das Angebot des renommierten Händlers und ersteigerte den MK IX, Chassisnummer 793734 BW, am 16. September 2003 für 10.001 US-Dollar. Der Überweisungsbetrag ging bereits nach einer Woche in den USA ein.

Von einem Experten hatte der frischgebackene Jaguar-Besitzer den Tipp erhalten, das Auto über Holland zu importieren, weil die Niederländer den Zoll für Fahrzeuge, die älter als 30 Jahre sind, abgeschafft haben und deutlich weniger Umsatzeinfuhrsteuer verlangten. Trans Global Auto Logistics, ein Spediteur aus Texas, wurde für die Überführung ausgewählt und berechnete 1.650 US-Dollar inklusive Versicherung.

Bis der Jaguar in Amsterdam ankam, vergingen fast vier Monate, was nicht zuletzt an den falschen Versprechungen Kruses über den Zustand des Fahrzeugs lag. Entgegen der Angaben – „The car is in good driving condition“ – war das Fahrzeug tatsächlich weit von einer „Fahrbereitschaft“ entfernt. Am 22. Januar 2004 lieferte eine weitere Spedition den MK IX nach Eschborn zu seinem neuen Besitzer.

Der erste Kostenvoranschlag in der benachbarten Werkstatt belief sich auf 14.000 Euro – mit dieser Summe hatte Matthias Schnell-Heisch natürlich nicht gerechnet. Eine neue Reparaturliste die alle wichtigen Instandsetzungen umfasste, sowie einige Diskussionen und Preisvergleiche mit anderen Werkstätten reduzierten den Betrag auf rund 6.000 Euro.

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Fazit: „Trotz der vielen Strapazen und hohen Kosten würde ich wahrscheinlich noch einmal ein Fahrzeug aus den USA bei eBay ersteigern“, verrät Matthias Schnell-Heisch. „Aber nur in einem nachweislich guten Zustand, denn man muss sonst so viel Geld in die Renovierung stecken, dass man am Ende das Geld nicht wieder herauskommt, weil die Restaurationskosten den Marktwert spielend übersteigen.“

Der Classic Driver hat in seinen heute 44 Jahre alten Jaguar inklusive Kaufpreis, Überführung und Reparaturkosten rund 20.000 Euro investiert. Der Marktwert für ein Exemplar im guten, alltagstauglichen Originalzustand lag zu der Zeit zwischen 15.000 und 20.000 Euro.

Text: Jan Christian Richter
Fotos: Matthias Schnell-Heisch


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